„Ich stehe mit einem Bein im Gefängnis“ – Was steckt dahinter?

Im Rettungsdienst hört man oft den Spruch „Ich stehe mit einem Bein im Gefängnis“. Doch was ist wirklich daran? Es geht dabei um die rechtliche Verpflichtung zur Hilfeleistung, die nicht nur für Rettungsdienstmitarbeiter, sondern auch für Privatpersonen gilt. Während Rettungsdienstpersonal eine sogenannte Garantenstellung innehat, stellt sich die Frage, was im Falle einer unterlassenen Hilfeleistung passieren kann – und was das für alle bedeutet, die in Notsituationen zum Handeln aufgefordert sind.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Hilfeleistung

Gemäß dem § 323c StGB sind alle Personen verpflichtet, in einem Unglücksfall oder einer gemeinen Gefahr oder Not Hilfe zu leisten, wenn dies erforderlich und zumutbar ist. Besonders relevant ist dieser Paragraph, weil er sowohl für Rettungsdienstmitarbeiter als auch für Privatpersonen gilt.

Der Gesetzestext lautet:

§ 323c StGB – Unterlassene Hilfeleistung

(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.

Dies bedeutet, dass jeder, der in einer Notsituation keine Hilfe leistet, obwohl es zumutbar und möglich ist, sich strafbar machen kann. Die Strafe kann eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe umfassen.

Garantenstellung der Rettungsdienstmitarbeiter

Für Rettungsdienstmitarbeiter ist die Lage etwas anders. Sie haben eine Garantenstellung, was bedeutet, dass sie aufgrund ihrer beruflichen Verantwortung und ihrer speziellen Ausbildung gesetzlich verpflichtet sind, in Notfällen schnell und kompetent zu handeln. Diese Garantenstellung beeinflusst jedoch nur die Höhe der Strafe, nicht aber die Tatsache, dass sie ebenfalls in der Pflicht stehen, zu helfen.

Zwei Praxisbeispiele:

Beispiel 1: Hilfeleistung mit Einschränkung

Stellt euch vor, ihr seid mit eurem Kleinkind unterwegs und kommt bei einem Unfall vorbei. Ihr seid zwar zur Hilfe verpflichtet, jedoch könnt ihr aufgrund der Verantwortung für euer Kind nicht aktiv eingreifen. In diesem Fall ist es vollkommen ausreichend, wenn ihr den Notruf wählt und der Polizei bzw. dem Rettungsdienst meldet, was ihr gesehen habt. Ihr erfüllt somit eure Hilfeleistungspflicht, ohne euch selbst oder das Kind in Gefahr zu bringen.

Beispiel 2: Erste Hilfe leisten in einer akuten Notlage

Angenommen, ihr habt einen wichtigen Termin und seid schon spät dran. Plötzlich seht ihr einen Fahrradfahrer, der angefahren wurde und blutend auf dem Boden liegt. In diesem Fall müsst ihr anhalten, Erste Hilfe leisten und die Rettungskette in Gang setzen. Das bedeutet, dass ihr den Notruf wählt (unter den Nummern 110 für die Polizei oder 112 für den Rettungsdienst) und die nötigen Informationen übermittelt, damit schnellstmöglich Hilfe vor Ort ist.

Die Rolle des Mobiltelefons

In der heutigen Zeit hat fast jeder ein Mobiltelefon dabei, was das Absetzen eines Notrufs wesentlich erleichtert. Egal, wo man sich befindet, kann schnell und unkompliziert Hilfe angefordert werden. Es reicht aus, die Notrufnummer zu wählen, die Situation zu schildern und gegebenenfalls Erste Hilfe zu leisten, bis professionelle Hilfe eintrifft.

Fazit

Der Spruch „Ich stehe mit einem Bein im Gefängnis“ verdeutlicht, wie ernst die rechtliche Verpflichtung zur Hilfeleistung genommen wird. Jeder, der in einer Notlage keine Hilfe leistet, obwohl es möglich und zumutbar ist, riskiert eine strafrechtliche Konsequenz. Für Rettungsdienstmitarbeiter ist diese Verpflichtung noch strikter, da sie aufgrund ihrer Ausbildung eine besondere Verantwortung haben. Doch auch als Privatperson ist es wichtig, zu wissen, dass das Absetzen eines Notrufs und gegebenenfalls Erste Hilfe Leben retten kann – und das nicht nur aus moralischen Gründen, sondern auch aus rechtlicher Sicht.